Darstellung des Zeitverhaltens von technischen Prozessen

1 Versuchsziel

Kennenlernen von Schedulingalgorithmen für Echtzeitsysteme und ihre Visualisierung mit dem Scheduling-Analyzer YASA. Dabei soll für ein gegebenes Echtzeitsystem ein Zuteilungsverfahren ausgewählt und seine Eignung durch Scheduling-Analyse belegt werden.

2 Grundlagen

Der Begriff "Echtzeit" bedeutet, daß eine gestellte Aufgabe nicht nur richtig sondern auch rechtzeitig, d.h. vor Erreichen eines gegebenen Endtermins, erfüllt wird. Eingebettete Systeme haben größtenteils auf Ereignisse zu reagieren. Hier ist unter Echtzeitfähigkeit zu verstehen, daß die Verarbeitung solch eines Ereignisses abgeschlossen ist bevor das nächste gleichartige Ereignis eintritt bzw. bevor sich unzulässige Systemzustände einstellen. Beim Entwurf eines eingebetteten Echtzeitsystems müssen daher einerseits aus der Spezifikation des realen technischen Systems die einzelnen Teilaufgaben und ihre benötigten zeitlichen Kenngrößen abgeleitet als auch die Echtzeitfähigkeit des Entwurfs mittels Schedulinganalyse überprüft werden.

3 Studienfragen

  • 3.1 Wie werden Prozesse in Echtzeitsystemen hinsichtlich ihres zeitlichen Verhaltens unterteilt?
  • 3.2 Welche zeitlichen Parameter charakterisieren einen Echtzeitprozeß?
  • 3.3 Erläutern Sie die Einteilung von Schedulingverfahren!
  • 3.4 Beschreiben Sie die Funktionsweise der Algorithmen "Rate Monotonic" und "Earliest-Deadline-First". Ordnen Sie diese in das oben genannte Schema ein!
  • 3.5 Geben Sie eine Definition des Begriffes "Auslastung" für ein Echtzeitsystem!
  • 3.6 Welches sind die notwendige sowie die hinreichende Bedingung für das Einhalten aller Zeitschranken durch ein Echtzeitsystem?

4 Aufgaben

Eine Meß-Boje soll kontinuierlich Umweltdaten erfassen. Es sind kombinierte Erfassungsmodule für Luftdruck und Temperatur, für Windgeschwindigkeit und -richtung sowie für Vertikalbeschleunigung zur Ermittelung des Seeganges vorhanden. Diese liefern jeweils 8Bit-Werte zurück. Die einzelnen Geber werden von einem Mikrocontroller laufend abgefragt und die Meßwerte in einem Pufferspeicher zwischengelagert. In regelmäßigen Abständen wird per Funk von der Basisstation der Inhalt des Puffers mit einer Übertragungsrate von 19200 Bit/s ausgelesen. Daten werden byteweise mit je einem Start- und Stopbit gesendet. Dem Senden der eigentlichen Daten geht ein Protokoll zum Verbindungsaufbau von maximal 1000 Bit Länge voraus. Die Meßwerterfassungsmodule melden das Vorhandensein eines neuen Meßwertes per Interrupt. Beim Temperatur/Luftdruck-Modul geschieht das alle 5 Sekunden, beim Windrichtungs- und Windgeschwindigkeitsgeber alle 2 Sekunden und beim Beschleunigungssensor alle 100 Millisekunden. Die Abfrage und das Abspeichern eines Meßwerts dauert jeweils 40 Millisekunden, die Interrupt-Latenzzeit sei vernachlässigbar. Außerdem ist ein Lageregelungs-System vorhanden, das die für die Beschleunigungsmessung notwendige senkrechte Position der Boje auch bei Seegang sicherstellen soll. Die Lageregelung wird alle 15 Millisekunden aktiviert und hat eine maximale Bearbeitungszeit von 3 Millisekunden.

4.1 Hausaufgaben (schriftlich)

  • 4.1.1 Ermitteln Sie aus der Beschreibung des Systems die einzelnen Prozesse und ihre relevanten Parameter. Wählen Sie zur Darstellung von Zeitgrößen eine geeignete Basiseinheit.
  • 4.1.2 Wie groß muß der Pufferspeicher des Systems sein, wenn der maximale Zeitabstand zwischen zwei Datenübertragungen 10 Sekunden beträgt ? Wie lange dauert dann eine Übertragung maximal?

4.2 Versuchsaufgaben

  • 4.2.1 Weisen Sie für das o.g. System die Einhaltung aller Echtzeitbedingungen nach.
  • 4.2.2 Wählen Sie ein geeignetes statisches Scheduling-Verfahren aus und machen Sie mit Hilfe des Scheduling-Analyzers YASA das Ergebnis sichtbar.
  • 4.2.3 Wiederholen Sie dies für den Fall, daß die Periode der Beschleunigungsmessung auf 60 Millisekunden verringert wird! Erklären Sie das Ergebnis!
  • 4.2.4 Verringern Sie die Periode der Beschleunigungsmessung schrittweise weiter bis auf 50 Millisekunden! Was ist zu beobachten?
  • 4.2.5 Wiederholen Sie die Aufgaben 3 und 4 unter Anwendung des Earliest-Deadline-First-Algorithmus!

5. Literatur

  • Vorlesungsunterlagen "Echtzeitsysteme", siehe www.amd.e-technik.uni-rostock.de/ma/gol/ebsys.htm
  • R. Kern, "Prozeßauswahl und Ablaufplanung in Echtzeit-Systemen" Elektronik Heft 11/92, S. 26- 32, 1992
  • J. Zalewski: What Every Engineer Needs to Know About Rate-Monotonic Scheduling: A Tutorial, Real-Time Magazine, S. 6-24, 1/1995
  • Tanenbaum, Andrew S.: Betriebssysteme, Carl Hanser Verlag München Wien, 1991
  • H. K. Klein et al., "A Practitioner´s Handbook for Real-Time Analysis"