Eine Plattform zum problemorientierten Lernen

Beim Betrachten dieser Webseiten kommt unweigerlich der Gedanke auf, was das Spielen mit einer Modellbahn mit universitärer Forschung und Lehre zu tun hat. Häufig wird gefragt, für welches Forschungsprojekt die Modellbahn aufgebaut wurde, denn in der ernsten Welt des Studierens und Forschens haben ja bekanntlich Spielen und Spaßhaben keinen Platz!

Aber ist es wirklich so, dass sich Spielen und seriöses Lernen einander ausschließen? Werden nicht beispielsweise Kinder spielerisch an das Lernen herangeführt, werden nicht die meisten Säugetiere spielerisch auf den harten Überlebenskampf vorbereitet? Die Leiter dieses Modellbahnprojektes sind der festen Überzeugung, dass das spielerisch-experimentelle Lernen als eine Form problembasierten Lernens die traditionelle universitäre Ausbildung in sinnvoller und konstruktiver Weise ergänzen kann.

Problemorientiertes Lernen hat das Potenzial, den Erwerb von anwendbarem Wissen zu unterstützen, ohne dabei den Erwerb von Fachwissen zu beeinträchtigen, der für ein Studium zweifelsohne sehr wichtig ist. Denn wesentliche Merkmale problemorientierten Lernens sind a) die Integration realitätsnaher oder authentischer Ereignisse, Situationen oder Fälle in den Unterricht als zentrale Lerngegenstände und b) die Motivation und Anleitung zur Übung.

Natürlich entstehen im Zusammenhang mit einer Modellbahn keine grundsätzlich neuen Aufgaben, Lehrinhalte oder gar Fächer. Es sind genau die gleichen Inhalte wie sonst auch, es hat sich "nur" die Lernumgebung verändert. In diesem Sinne stellt das Modellbahnprojekt der Universität Rostock einen Kontext zur Verfügung, in dem bereits erlerntes Grundlagenwissen und Methodiken der Elektrotechnik und Informatik erlernt und unter neuen Bedingungen angewendet werden können.

Ziele

Die Lehr-Lernumgebung, die durch das Modellbahnprojekt geschaffen wird, existiert nicht nur um ihrer selbst willen, sondern erfüllt im Wesentlichen drei Zwecke: erstens Motivation, zweitens Integration von Theorie und Praxis und drittens das Erleben von (interdisziplinärer) Teamarbeit unter Projektbedingungen.

Die Motivation entspringt der Tatsache, dass die Studierenden die Lernumgebung aktiv mitgestalten können. Sie können die Modellbahn als Gegenstand eines Problems anfassen und die Komponenten physisch begreifen und bewegen. Dieses sich Bewegen gibt unmittelbar darüber Auskunft, in wie fern ein (theoretisch) erarbeitetes Konzept praxistauglich ist. Die bisher durchgeführten studentischen Arbeiten belegen ganz klar, dass gerade dieses unmittelbare Feedback besonders anspornt, da es entweder zum Weitermachen, zum Optimieren, zum Fehlerfinden oder im schlimmsten Falle zum gründlichen Überarbeiten des entwickelten Konzeptes stimuliert.

Der Wunsch nach einem positiven Ergebnis erfordert in der Regel auch ein Verständnis der zugrundeliegenden Theorie, da die Komplexität der meisten Aufgaben so groß ist, dass einfaches Herumprobieren in der Regel nicht zum Erfolg führt. Dieses Dilemma weckt in natürlicher und ungezwungener Art und Weise das Interesse für die theoretischen Grundlagen. Als Beispiel soll die mathematische Beschreibung der Gleichstrommaschine dienen. In einem Fach wie beispielsweise elektrische Maschinen werden diese Gleichungen hergeleitet und gründlich diskutiert. Doch letztlich bleiben diese Gleichungen für viele Studenten ein Buch mit sieben Siegeln, die spätestens nach der erfolgreich abgelegten Prüfung spontan vergessen werden. Doch ist zu beobachten, dass im Rahmen der Modellbahn diese Gleichungen freiwillig nachgeschlagen und analysiert werden, was das anschließende Konzeptionieren eines geeigneten Antriebes ermöglicht.

Viele, auch sehr einfach anmutende Teilprojekte sind von einer so großen Komplexität, dass sie nicht von einer einzelnen Person sondern einem lose verbundenen Team bearbeitet werden sollten. Neben den projektbezogenen Schnittstellen bilden vor allem der vorhandene Gleiskörper sowie die darauf fahrenden Züge eine Schnittstelle, die von allen beachtet und respektiert werden muss. So besteht beispielsweise die Funksteuerung der Züge aus der eigentlichen Funkverbindung, einem Antriebskontroller, einem berührungslosen digitalen Tacho sowie einem entsprechenden Kommunikationsprotokoll. Diese Komponenten wurden im Team geplant, teilweise unabhängig voneinander entwickelt und schließlich zu einer Einheit zusammengefügt.

In diesem Sinne stellt das Modellbahnprojekt eine Lernplattform dar, auf der die Studenten ihr Wissen anwenden, überprüfen und erweitern können. Aber genug der grauen Theorie, lassen wir doch lieber die beteiligten Studenten selber über ihre Erfahrungen berichten.

Interessante Links

Hier noch interessante Links zu dem Thema:

  • Zentrale und Dekoder: http://www.opendcc.de/ und
  • Steuerungssoftware: http://wiki.rocrail.net/.
  • Die Modellbahnanfänge an unserem Institut: Link
  • Die Technik der grossen Modelleisenbahnlagen in Hamburg und Berlin.
  • Digital fahren, schalten und melden - mit Digital plus by Lenz
  • Die Webseite der National Model Railroad Association (NMRA).
  • Die Webseite der Digital Command Control Working Group (DCC)